COMPRENEUR STORIES

Aus den eigenen Reihen – Mitarbeiterbeteiligung als modernes Instrument der Unternehmensnachfolge

Für viele Unternehmen kann die Beteiligung von Mitarbeitern eine innovative Lösung der Nachfolgeregelung sein

Die Regelung der Unternehmensnachfolge stellt für die deutsche Wirtschaft eine besonders große Herausforderung dar. Schätzungen der KfW zufolge wollen in den kommenden fünf Jahren ca. 842 000 Unternehmensinhaber in Deutschland ihre Tätigkeit aufgeben. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sind von der Problematik betroffen, denn inhabergeführte sind im Vergleich zu managementgeführten Unternehmen den Einflüssen von Generationenwechseln deutlich stärker unterworfen. Beunruhigender als die hohe Zahl der Unternehmen, bei denen in absehbarer Zeit ein Führungswechsel ansteht, ist, dass sie bislang meist keine Fortführungsperspektive haben. Das ergab eine Befragung von ca. 1 000 inhabergeführten Handwerksbetrieben, die von der compreneur GmbH in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach durchgeführt wurde. Fast 60 Prozent der Unternehmensnachfolgen der kommenden fünf Jahre sind nicht geregelt. Es zeigt sich, dass viele Unternehmer sich noch keine Gedanken über die Zukunft ihres Betriebes gemacht haben. Dabei sollte eine Perspektive zum Fortbestand unter neuem Führungspersonal oder innerhalb eines anderen Unternehmens nach Verkauf frühzeitig geschaffen werden. Fehlt nämlich eine geeignete Nachfolgestrategie, bringt oft auch der Verkauf nicht das ein, was sich der Inhaber für das Unternehmen und seine eigene Altersvorsorge davon verspricht. Fehlende Nachfolger werden in vielen Branchen zu einem strukturellen Wandel führen. So ist bereits zu beobachten, dass kleine, inhabergeführte Unternehmen aussterben oder durch Handelsketten ersetzt werden. Kleine Betriebe werden von großen Unternehmen gekauft, die lediglich an Kundendaten und Fachkräften interessiert sind, der Betrieb selbst verschwindet.

Gute Mitarbeiter ans Unternehmen binden

Während die klassische Übergabe oft sowohl finanzielle Belastungen als auch perspektivische Unsicherheiten mit sich bringt, stellt die Mitarbeiterbeteiligung langfristig eine inklusive, unternehmensinterne und somit potenziell reibungslose Nachfolgeregelung dar. Dies gilt insbesondere für investitionsintensive Betriebe, für die potenzielle, oft noch junge Nachfolger zum Zeitpunkt der Übernahme viel Kapital aufbringen müssen, um Vorgänger auszuzahlen. Übergangs- und Rentenmodelle sind für beide Seiten mit hohem Risiko verbunden. Zum einen sind Zahlungsströme oft nicht kalkulierbar, zum anderen sollte ein fester Zeitpunkt definiert sein, ab dem der Nachfolger die volle Verantwortung übernimmt und sich der Alteigentümer vollkommen zurückzieht. Vor allem Dienstleistungsunternehmen leben häufig von den Kontakten und Kundenbeziehungen des Inhabers. Geht dieser in den Ruhestand, gehen mit ihm viele der guten Geschäftsbeziehungen und ein Großteil des wirtschaftlichen Erfolgs. 
Als modernes Instrument der Unternehmensnachfolge stellt die Mitarbeiterbeteiligung trotz ihrer Vorteile eine bislang kaum wahrgenommene Form der Nachfolgeregelung dar. Sie kann jedoch der Schlüssel zu einer nachhaltig erfolgreichen Lösung sein. Die Idee dahinter: Ausgewählte Mitarbeiter werden bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt schrittweise am Unternehmen beteiligt. Dies fördert sowohl die Bindung ans Unternehmen als auch die intrinsische Motivation und erhöht die Produktivität. Jeder am Unternehmen beteiligte Mitarbeiter übernimmt Verantwortung und wird mehr investieren, als er aus dem Unternehmen herausnimmt, da er auch vom Wertzuwachs profitiert. Der abgebende Unternehmer profitiert von der höheren Wirtschaftlichkeit des Betriebs und mehr gestalterischen Freiräumen, da er weniger führen und vor allem weniger kontrollieren muss. Kauf- und Verkaufspreis fließen kontinuierlich, sodass in der Regel keine besonderen Finanzierungsinstrumente notwendig sind. 

Mechanismus der Mitarbeiterbeteiligung

Die Einführung und Implementierung von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen stellt Unternehmen vor eine große Herausforderung, da es nur wenig Orientierungshilfen gibt. Wer aber die Chancen erkennt, die der Ansatz bietet, sollte sich ernsthaft mit den unterschiedlichen Modellen und ihrer Umsetzbarkeit auseinandersetzen. Gestaltungsmöglichkeiten gibt es viele, sodass für jede Unternehmenssituation das Passende gefunden werden kann. 
Die Praxis hat gezeigt, dass die besten Effekte erreicht werden, wenn die rein materielle Beteiligung, etwa leistungsbezogene Bonuszahlungen oder Gewinnbeteiligungen, mit immateriellen Komponenten, z. B. Gewährung von Mitspracherechten, verknüpft wird. Leisten die Mitarbeiter regelmäßige Einlagen, kann zudem die Liquidität des Unternehmens verbessert werden, sodass Raum für Investitionen und zusätzliches Wachstum entsteht.
Am Anfang jeder Umsetzung eines solchen Modells besteht eine nach wie vor klare Trennung zwischen dominierendem Hauptgesellschafter und faktisch stimmrechtslosen Mitgesellschaftern. Diese Struktur wird nach und nach aufgelöst, sodass die Mitgesellschafter mehr Stimmrecht erhalten. Entscheidungen trifft dann nicht mehr allein der Altgesellschafter, sondern es werden neue Mechanismen zur Mitbestimmung eingeführt. Wichtig hierbei ist, dass die Satzung des Unternehmens, also die internen Spielregeln, den wirtschaftlichen Fortbestand des Unternehmens stets in den Vordergrund stellt. Weder Patt-Situationen dürfen zulässig sein, in denen die Gesellschaft manövrierunfähig ist, noch darf das Ausscheiden einzelner Mitgesellschafter das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen. Mit zunehmender Beteiligung der Nachfolger entsteht eine neue Unternehmens- und Entscheidungskultur. Dies muss dem abgebenden Gesellschafter von Anfang an bewusst sein. Nicht mehr er steht im Mittelpunkt, sondern das Unternehmen als Ganze.
Die Mechanismen und internen Spielregeln lassen sich mehr oder weniger frei gestalten. Die Auswahl potenzieller Partner und Mitgesellschafter muss mit Fingerspitzengefühl erfolgen. Nach der Devise „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ hat sich hier ein Stufenmodell bewährt, das klar nach Mitarbeitern, Anwärtern, Mitgesellschaftern und Hauptgesellschaftern unterscheidet. So kann der Gesellschafterkreis geeignet erscheinenden Mitarbeitern anbieten, in den Kreis der Anwärter einzutreten. Nach einer definierten Probezeit werden erste, oft stimmrechtslose Anteile mit Gewinnbeteiligung ausgegeben. Hauptgesellschafter leisten einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens und sind entsprechend an den Entscheidungen im Unternehmen beteiligt. Hilfreich für die Entscheidungsfindung sind Scoring-Modelle, die anhand der unternehmensspezifischen Parameter sowie der jeweiligen Anforderungen und Wünsche des Inhabers Vorschläge für mögliche Beteiligungs- und Umsetzungsmodelle ermitteln. 

Fazit

Über die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen lassen sich designierte Nachfolger schrittweise aufbauen. Zudem kann die Liquidität des Unternehmens erhöht und auch die Bindung dieser Mitarbeiter ans Unternehmen sowie ihre Motivation gestärkt werden. Ein Patentrezept für eine solche Übergabe gibt es nicht. Abhängig vom Zeitraum, der dem Unternehmen zur Regelung der Nachfolge bleibt, aber auch von der individuellen Ausgangssituation und den Wünschen des Unternehmers gibt es verschiedene Alternativen. Wer sich frühzeitig mit dem Thema beschäftigt, kann aus einem großen Spektrum von Optionen wählen und das Vorgehen selbst bestimmen. Wer die Nachfolge bzw. den Verkauf aber erst kurz vor seinem Ausstieg regelt, limitiert seine Möglichkeiten und schafft sich eine schlechte Verhandlungsposition. Eine geregelte Nachfolge sichert die wirtschaftliche Stabilität und setzt die richtigen Signale für Mitarbeiter und Geschäftspartner. 

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    Uwe Kessel

    Uwe Kessel

    Unternehmer, Business Angel und Berater